Im August gingen zunächst 159 Kinder leer aus / Ausweichangebot nutzen nur 56 Kinder / Eigene Berechnung fehlt
Der Streit um den Umfang des Kita-Mangels in Cloppenburg dauert an, der Ausbau läuft unterdessen beschleunigt weiter: Die Verwaltung stellte am Dienstagabend dem Sozialausschuss ihre Pläne für eine neue Kindertagesstätte an der Eisenhutstraße 7 bis 9 vor. Zwei Krippen- und drei Kita-Gruppen sollen den Fehlbedarf zumindest teilweise decken.
Um Zeit und Kosten zu sparen, wird das neue Gebäude ein zu eins nach dem Muster der Kita „Abenteuerland“ gebaut, kündigte die Verwaltung an. Alle Parteien begrüßten diese Vorgehensweise. Eröffnet werden kann die Einrichtung voraussichtlich im Sommer 2010. Doch wie viele Plätze noch fehlen, bleibt umstritten.
Die Gruppe UWG/FDP stieß mit ihrer Forderung einer 100-Prozent-Versorgung auf Bedenken. Wenn trotz einer derzeitigen Betreuungsquote von 88,4 % für jedes in Frage kommende Kind vorsorglich ein Platz gebaut werde, drohe womöglich am Ende ein teurer Leerstand, begründeten CDU und SPD ihre Zurückhaltung.
Die Kompromissformel von einem „bedarfsgerechten“ Ausbau, den die CDU nach einer Sitzungsunterbrechung vorschlug, lehnte Jutta Klaus als „zu gummiartig“ ab. Mit solchen Ankündigungen „schlage ich mich seit Jahren herum“, meinte die Fraktionsvorsitzende von UWG/FDP. Jedes Jahr habe der Bürgermeister angekündigt: „Wir schaffen das!“ Jetzt werde der Rechtsanspruch der Eltern nicht mehr erfüllt. Klaus: „Es ist an der Zeit, die Reißleine zu ziehen.“ Um Eltern Planungssicherheit zu verschaffen, müsse die Stadt sich selbst in die Pflicht nehmen und eine Vorausberechnung in die Tat umsetzen, die es trotz etlicher Ermahnungen bis heute nicht gibt, verlangte die Politikerin. Die Folge: Jeder jongliert mit unterschiedlichen Zahlen.
Der Landkreis ermittelt einen theoretischen Wert von 467 fehlenden Vormittagsplätzen, auf die sich Klaus jetzt beruft. Nach Darstellung von Kreistagsmitglied Stefan Riesenbeck (SPD) sind es nur 94 Plätze. Konkreter sind die tatsächlichen Anmeldezahlen in Cloppenburg: Bis zum 3. August gingen 159 Kinder bei der Online-Anmeldung leer aus. Das Angebot der Stadt, einen Ausweichplatz in der provisorischen Kita an der Dechant-Brust-Straße zu nutzen, nahmen nur 56 Eltern an. Bleibt ein Fehl von 103 Kindern, die plötzlich aus der Mangel-Statistik gefallen sind. Klaus erklärt das mit Eltern, die aufgegeben haben: Niemand könne einen Arbeitgeber so lange hinhalten, bis die Betreuung geklärt sei, meinte die Ratsfrau.
Dass alle Eltern, die ihr Kind anmelden, ohne Warteliste einen Platz erhalten müssen, ist auch in der CDU und der SPD unstrittig. Eine Vollversorgung von 100 Prozent sei jedoch „unrealistisch“, selbst wenn sie im Interesse der Kinder vielleicht wünschenswert sei, meinte Andreas Borchers (SPD). Olaf Vocks (CDU) schätzte den tatsächlichen Bedarf auf vielleicht 90 Prozent. Die beiden großen Parteien verwiesen die Forderung nach einem 100 Prozent-Ausbau bis zum Jahr 2023 zurück in die Fraktionen zur Beratung. UWG/FDP und Grüne stimmten gegen die Vertagung.
Dabei scheiterte der Kompromiss letztlich an der Frage der Glaubwürdigkeit. „Wenn die Eltern mit sweniger (als 100 Prozent) zurecht kommen, ist mir das auch frecht“, hatte Klaus erklärt. Aber: „Ich möchte nicht planlos weitermachen.“