Die Gruppe Grüne/UWG stellte am 02.10.2022 einen Antrag auf „Flächenpotentialanalyse Windkraft erstellen – Energiegenossenschaft initiieeren und fördern.“

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Varnhorn,

gemäß § 56 des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes beantragt die Gruppe Grüne/UWG den o.g. Beratungsgegenstand in die Tagesordnung der Sitzung des nächsten KUM-Ausschusses, des VA und des Rates am 12.12. 2022 aufzunehmen.

Unter diesem Tagesordnungspunkt werden wir den folgenden Beschlussvorschlag zur Abstimmung stellen:

  1. Die Verwaltung wird beauftragt, durch ein geeignetes Planungsbüro die Erarbeitung einer „Potentialanalyse Windkraft“ erstellen zu lassen, die Kosten dafür in den Haushalt für 2023 aufzunehmen und die Ergebnisse den Gremien des Rates zur weiteren Beratung zeitnah vorzustellen.
  2. Die Verwaltung wird beauftragt zu prüfen, in welcher Weise die Stadt die Gründung von Bürger*innen-Energiegenossenschaften initiieren oder fördern kann und welche Gesellschaftsformen dafür in Frage kämen (Verein, AöR o.ä.).
  3. Die Verwaltung wird beauftragt zu prüfen, ob durch Vereinbarungen mit benachbarten Gemeinden ein „Solidarpakt“ zur gemeinsamen Erzeugung Erneuerbarer Energien (Wind und Solar) sinnvoll und realistisch ist.

Begründung:

Zu 1.:

Der Bundestag berät derzeit den Gesetzentwurf zur „Erhöhung und Beschleunigung des Ausbaus von Windenergieanlagen an Land“ (Wind-an- Land-Gesetz), der darauf abzielt, die wesentlichen Hemmnisse für den Ausbau der Windenergie an Land zu beseitigen. Damit soll nicht nur der Ausbau der erneuerbaren Energien drastisch beschleunigt, sondern es sollen auch die Klimaschutzziele erreicht werden. Windenergieanlagen werden künftig privilegiert zulässig sein.

Es erscheint uns daher dringend geboten, jetzt entsprechende Planungen zum Erreichen auch unserer städtischen Klimaschutzziele zügig voranzutreiben. Nicht zuletzt der schreckliche und völkerrechtswidrige Angriff Russlands auf die Ukraine hat unsere starke Abhängigkeit im Energiesektor schmerzhaft offenbart und die Dringlichkeit des Umstiegs auf klimafreundliche, in unserem Land erzeugte Erneuerbare Energien bekräftigt.

Die Vorgaben der Bundesregierung (2% der Landfläche für Windenergie) erfordern zwingend eine Überprüfung von Potentialflächen im Stadtgebiet. Dazu ist ein geeignetes Planungsbüro mit der Erarbeitung einer „Potentialanalyse Windkraft“ zu beauftragen. Weitere planungsrechtliche Schritte sollen auf dieser Grundlage eingeleitet und ggf. mit dem Arbeitsfeld „Regionale Wärmeversorgung“ zusammen gedacht und bearbeitet werden.

Zu 2.:

Die Gestaltungsmöglichkeiten von Landkreisen, Städten und Gemeinden bei der Energiwende sind vielfältig. Sie übernehmen eine Schlüsselrolle beim Umstieg der Energieversorgung von

konventionellen auf Erneuerbare Energien, da sie über direkte Zugänge zu den Bürger*innen sowie zu Gewerbe, Industrie und Handwerk verfügen. Nicht zuletzt sind sie auch als Planungsträger, (Mit)Eigentümer von Liegenschaften oder Versorgungsunternehmen in der Lage, die Energiewende mitzugestalten und den Ausbau der Erneuerbaren Energien voranzubringen.

Wir sehen die Stadt insofern in der Verantwortung.

Wir streben an, die Windkraftnutzung künftig für Bürger*innen-Energiegenossenschaften zu öffnen. Ihr Nutzen besteht in der regionalen Wertschöpfung in Form von Steuern, Gewinnen, Pachteinnahmen und Nettoeinkommen. Als regional ist jede Wertschöpfung anzusehen, die bei der Stadt oder der Bürgerschaft am Windparkstandort verbleibt. Ziel sollte es sein, möglichst viel dieser Wertschöpfung in der Stadt zu halten, entweder durch eigene Beteiligungen oder durch die Beteiligung der Bürger*innen.

Für eine städtische Beteiligung gilt: Kommunen, die heute investieren, senken dauerhaft Energiekosten für öffentliche Einrichtungen und entlasten damit den kommunalen Haushalt.

Um den Bürger*innen eine regionale Investitionsmöglichkeit anzubieten, die Akzeptanz für Wind- und Solaranlagen zu verstärken und sie am Unternehmenserfolg zu beteiligen, soll die Gründung von Bürger*innen-Energiegenossenschaften durch die Stadt initiiert und/oder gefördert werden.

Wir wollen erreichen, dass die Stadt die Gründung entsprechender Initiativen aktiv unterstützt und diesen auch kommunale Gebäude und Flächen für die Errichtung von Anlagen zur Gewinnung von Erneuerbarer Energie anbietet.

Nach einer Studie des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) beträgt der

Wertschöpfungseffekt einer 2 MW Windenergieanlage über einen Zeitraum von 20 Jahren rund 2,8 Millionen Euro. Den Großteil machen aber nicht wie oftmals ‒ angenommen ‒ die

Gewerbesteuereinnahmen aus, sondern Gewinne und daraus folgend Nettoeinkommen durch den Betrieb der Anlagen. Am höchsten fällt die regionale Wertschöpfung aus, wenn lokale Unternehmen in den gesamten Prozess eingebunden sind: bei der Grundstückserschließung, dem Fundamentbau, der Netzanbindung oder Umsetzung von Ausgleichsmaßnahmen.

Die Eigentümer potentieller Flächen haben die Möglichkeit, Verträge mit örtlichen oder auswärtigen Gesellschaften abzuschließen und hierbei insbesondere auch darauf zu achten, dass diese eine Bürger*innenbeteiligung vorsehen und Wertschöpfung kreieren.

Nicht zuletzt geht es uns neben der Ermöglichung wirtschaftlicher Teilhabe aber auch um die

Bewusstseinsbildung für die Dringlichkeit des Themenbereichs „Energiewende und Klimaschutz“ in einer Zeit, in der die Folgen des fortschreitenden Klimawandels zusehends auch lokal spürbar werden.

Zu 3.:

Wir halten es für sinnvoll zu prüfen, ob auch gemeindeübergreifende Flächen zur Erzeugung

Erneuerbarer Energien (Wind und Solar) identifiziert und durch entsprechende Vereinbarungen genutzt werden können. So könnte vereinbart werden, Solar- und/oder Windenergieprojekte gemeinsam bei der Flächennutzungsplanung anzugehen, deren Projektierung zu steuern und/oder eventuell Verteilungsmodelle für Pachteinnahmen oder Erträge im Zusammenhang mit solchen Anlagen zu entwickeln.